Bei unserem diesjährigen Kundenforum hatten wir eine spannende Talk-Runde zum Thema „Kunden-App im Einzelhandel“. Anstatt uns auf technische Details zu konzentrieren, haben wir allgemeine Erfahrungen und Meinungen diskutiert.
Moderiert von René Fach, sprachen drei unserer Kunden: Sebastian Ahrens vom Kaufhaus Ahrens, Christoph Kühn vom Kaufhaus Wagener und Leopold Feucht vom österreichischen Modehaus Mode von Feucht. Alle nutzen unsere Warenwirtschaftslösung netix retail, wobei Ahrens und Wagener auch unsere Kunden-App einsetzen, während Mode von Feucht gerade eine andere App einführt. Die unterschiedlichen Perspektiven führten zu einer lebhaften Diskussion, die Sie in voller Länge hier ansehen können.
Eine gut eingesetzte Kunden-App kann sowohl die Online- als auch die stationären Umsätze steigern, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
These: Ist eine Kunden-App im stationären Einzelhandel herausgeschmissenes Geld, wenn man nicht nur junge Kunden hat? Unsere Talk-Teilnehmer sagen klar: Nein. Ahrens betont, dass die App regelmäßig mit relevanten Inhalten aktualisiert werden muss, sonst wird sie von den Kunden ignoriert. Feucht fügt hinzu, dass man bei der Einführung alle Möglichkeiten der App klug nutzen sollte – von Gutscheinen über Direktnachrichten bis zu Events. Alle Teilnehmer sind sich einig, dass das Alter der Kunden heutzutage keine Rolle mehr spielt.
Was passiert mit der Kundenkarte bei Einführung einer App? Ahrens empfiehlt, die Karte abzuschaffen, um die App als primären Kommunikationskanal zu etablieren. Wagener hingegen fährt zweigleisig: App und Kundenkarte werden parallel genutzt, wobei bestimmte Angebote exklusiv über die App verfügbar sind. Es wird so kommuniziert, dass der Kunde mit der App noch etwas zusätzliches hinzu bekommt. „Aber wir nehmen der Kundenkarte nichts weg!“ Feucht hat seit über 20 Jahren keine Kundenkarte, sondern einen Bonus Club, denkt aber ebenfalls, dass eine Kundenkarte durch die App ersetzt werden kann.
These: „Mit der richtigen Kommunikation kann man in den ersten 4 Wochen 30% der Kunden auf die App bringen.“ Angelehnt ist diese These an die Werte eines unserer Kaufhaus-Kunden. Der Kunde hat es geschafft in den ersten 2 Tagen 3000 Neukunden direkt auf die App zu bringen.
Ahrens betont, dass Anreize und die klare Kommunikation über das Ende der Kundenkarte wichtig sind. Kühn ergänzt, dass alle Kanäle genutzt werden müssen – von der Ansprache an der Kasse über Werbung auf dem eigenen Kassenbon bis zu Social Media.
Es braucht eine durchdachte Strategie für die Einführung der App. Ahrens betont, dass gut instruiertes Personal am POS entscheidend ist. Feucht setzt auf seine Modeberater als wichtige Multiplikatoren.
Ahrens erklärt, dass gute Loyalty-Programme allein nicht ausreichen – die App muss ein attraktives Design, zusätzliche Mehrwerte und eine gute User Experience bieten. Kühn fügt hinzu, dass personalisierte Angebote, basierend auf einem gepflegten CRM, zukünftig immer wichtiger werden. Hier könnte auch KI eine Rolle spielen, um die Reichweite gezielt zu steuern und Gutscheine selektiv (bspw. nach Kundengruppen), statt mit der Gießkanne (an alle) auszugeben.
Soll der Kunde seine Daten selbst eingeben oder nicht? Feucht bevorzugt die Selbstpflege durch den Kunden, während Kühn noch unschlüssig ist und auf geschultes Personal setzt. Eine einfache und überprüfbare Eingabe ist wichtig, um die Datenqualität sicherzustellen. Ebenso sollten Prüfungen, die auf Plausibilität der Eingaben achten, vorhanden sein.
Eine tief integrierte Lösung bietet viele Vorteile, meint Ahrens: Beispielsweise können Coupons direkt an der Kasse ausgelesen werden oder aus dem CRM der Warenwirtschaft können Kunden mit Nachrichten direkt in der App angeschrieben werden, um nur einige zu nennen. Ahrens spricht von einem Dreiklang aus CRM (konkreter: Kundendaten-Management), Kunden-App und Kasse. Für ihn ist dieser Dreiklang komplett integriert zu durchdenken der Schlüssel zum Erfolg. Andernfalls kann es passieren, dass man Coupons in der App ausgibt, die man nachher an der Kasse gar nicht sauber kassieren kann.
Feucht wiederum setzt auf die Flexibilität und die meist besseren Marketingmöglichkeiten einer Stand-alone Lösung. Er begründet das damit, dass die Nutzung von KI innerhalb der App vermutlich in Zukunft den Content generieren kann.
Alle Teilnehmer sind sich einig, dass die Einführung einer Kunden-App ein großes Projekt, aber heutzutage unabdingbar ist. Die App muss stetig weiterentwickelt werden, um den Kunden Mehrwerte zu bieten.
Satish Jha von Fashion Cloud fragt nach den Kosten einer App. Feucht erklärt, dass es verschiedene Lizenzmodelle gibt, und empfiehlt, sich genau mit den Preisen und Abrechnungsarten auseinanderzusetzen. Manchmal bezahlt man für die Anzahl der App-Nutzer, d.h. wenn man eine bestimmte Marke überschritten hat, dann wird die App für den Händler plötzlich teurer. Er selbst bevorzugt das Modell einer einmaligen Bezahlung, die unabhängig von der Anzahl der User ist.
Matti Schulze von Modehaus.de betont, dass man die App als Teil eines ganzheitlichen Marketingprojekts sehen sollte und spricht sich für eine Community-Ansprache aus, anstatt von einer App oder Kundenkarte zu sprechen. „Hört auf von einer App oder von einer Kundenkarte zu sprechen! Macht einen Club daraus! Wie bringt ihr die App an den Kunden? Das muss an der Kasse trainiert werden und auch vom Wording her passen. Also nicht nach der Kundenkarte fragen, sondern besser: Bist du schon in unserer Community. Das bringt dir viele Vorteile!“
Wir möchten uns an dieser Stelle ausdrücklich bei unseren Teilnehmern für den regen Austausch bedanken und hoffen darauf, nächstes Jahr erneut eine spannende Talk-Runde auf die Beine zu stellen.